Vertretungs­apotheker werden – die wichtigsten Schritte

Von Sinna Naghibi / 26. Februar 2025

Symbolbild: Pfeile auf dem Boden, die die Schritte zum Vertretungsapotheker darstellen

Der Entschluss steht fest, als Vertretungsapotheker durchzustarten – aber welche Schritte folgen nun? Quelle: iStock/ BeritK

Einleitung

Apothekenvertretungen sind eine lukrative Möglichkeit, wertvolle Einblicke in verschiedene Apotheken zu gewinnen. Doch um direkt durchstarten zu können, reicht die Approbation allein nicht aus. Wer als Vertretungsapothekerin oder Vertretungsapotheker arbeiten möchte, muss einige wichtige Dinge beachten.

Anmeldung beim Finanzamt

Zu Beginn steht die Anmeldung beim Finanzamt an. Diese sollte idealerweise so früh wie möglich erfolgen, da eine Steuernummer notwendig ist, um ordnungsgemäße Rechnungen ausstellen zu können. Gleichzeitig benötigen die Behörden einige Wochen, um den Antrag zu bearbeiten. Spätestens vier Wochen nach Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit muss die Anmeldung erfolgt sein.

Diese erfolgt heutzutage elektronisch über das Online-Portal „Mein ELSTER“, indem der „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung für Einzelunternehmen“ ausgefüllt wird. Falls noch kein ELSTER-Konto vorhanden ist, muss zuvor die Registrierung erfolgen.

Im Fragebogen werden neben den persönlichen Daten und der Bankverbindung auch weitere Angaben abgefragt, darunter folgende Punkte:

Kleinunternehmerregelung

Hier muss angegeben werden, ob die Kleinunternehmerregelung angewendet werden soll. Durch diese ist man von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit, sofern im Gründungsjahr (voraussichtlich) weniger als 25.000 € und im Folgejahr weniger als 100.000 € Umsatz erzielt wird (Stand 2025). Gleichzeitig muss beachtet werden, dass bei Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung kein Vorsteuerabzug möglich ist.

Beispiel Vorsteuerabzug: Ein Parkticket, das im Rahmen einer Apothekenvertretung gekauft wurde, kostet 20 € brutto und enthält 3,19 € Umsatzsteuer. Wird die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch genommen, können die 3,19 € als Vorsteuer im Rahmen einer Umsatzsteuervoranmeldung vom Finanzamt zurückerstattet werden, während die verbleibenden 16,81 € als Betriebsausgabe verbucht werden. Als Kleinunternehmer kann das Parkticket nur pauschal in Höhe von 20 € als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Unterm Strich bleibt somit weniger Geld übrig, was sich insbesondere bei höheren Ausgaben, etwa für einen Dienstwagen oder Unterkunftskosten, bemerkbar macht.

Abgabezeitraum der UStVA:
Das Abgabeintervall der genannten Umsatzsteuervoranmeldung (UStVA), ist bis Ende 2026 bei freiberuflicher Existenzgründung abhängig von der voraussichtlich zu zahlenden Umsatzsteuer. Ab 2027 muss die UStVA für Gründungs- und Folgejahr grundsätzlich monatlich abgegeben werden. Nach Anmeldung der Freiberuflichkeit teilt das zuständige Finanzamt in einem Brief normalerweise mit, wie häufig die UStVA (monatlich oder vierteljährlich) abgegeben werden muss. Die UStVA wird über ELSTER eingereicht.

Für Vertretungsapotheker ist diese Option daher nur bedingt geeignet, da einerseits die Umsatzgrenzen schnell überschritten werden können und andererseits die Kunden (Apotheken) ebenfalls vorsteuerabzugsberechtigt sind, d. h. sie bekommen die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet und haben somit im Gegensatz zu Privatkunden keinen Preisvorteil. Dennoch können individuelle Umstände, wie seltene Aufträge, geringe Ausgaben für Vertretungstätigkeiten oder einfach das Vermeiden zusätzlicher Bürokratie, dazu führen, dass es sich im Einzelfall lohnt, die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen.

Soll- und Ist-Besteuerung

Sollte Umsatzsteuer gezahlt werden müssen, kann zwischen der Soll- und der Ist-Besteuerung gewählt werden, indem Letzteres im Rahmen der Anmeldung beantragt oder darauf verzichtet wird. Bei der Soll-Versteuerung (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten) wird die Umsatzsteuer mit Erstellung der Rechnung fällig, während bei der Ist-Versteuerung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten) die Umsatzsteuer erst anfällt, wenn die Rechnung bezahlt wurde.

Aus Liquiditätsgründen, also um die Zahlungsfähigkeit zu sichern, kann es sinnvoll sein, die Ist-Besteuerung zu beantragen. Dadurch muss die Umsatzsteuer erst abgeführt werden, wenn die Rechnung bezahlt wurde, sodass bei der Umsatzsteuervoranmeldung keine Vorfinanzierung erforderlich ist. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn eine Apotheke die Rechnung verspätet bezahlt. Zwar kommt das in der Praxis selten vor, dennoch erweist sich die Ist-Besteuerung oft als vorteilhaftere Wahl.

Zu beachten ist, dass das Finanzamt den Antrag auf Ist-Besteuerung genehmigen muss. Im Fall von freiberuflichen Vertretungsapothekern wird dieser jedoch in der Regel bewilligt.

Voraussichtliche Einnahmen

Bei der Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit muss eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen im laufenden und folgenden Jahr angegeben werden. Es ist wichtig, realistische Werte einzutragen, da diese unter anderem zur Berechnung der Vorauszahlungen für die Einkommenssteuer herangezogen werden. Zur Orientierung, wie viel ein Vertretungsapotheker verdient, kann dieser Beitrag hilfreich sein.

Bei Unsicherheiten bezüglich der Anmeldung beim Finanzamt sollte ein Steuerberater konsultiert werden. Dieser kann die individuelle Situation einschätzen und so potenzielle Probleme vermeiden.

Steuern & Buchhaltung organisieren

Generell ist es eine gute Idee, sich eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater zu suchen, um steuerrechtliche Angelegenheiten zu klären, die im Rahmen der Freiberuflichkeit anfallen. Je nachdem, wie versiert man in diesem Bereich ist und wie hoch die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit solchen Themen ist, können auch einige Aufgaben selbst übernommen werden.

Ein Beispiel dafür ist die Buchhaltung: Hier geht es darum, alle Belege – sei es für Einnahmen oder Ausgaben – ordnungsgemäß zu buchen. Es gibt spezielle Software, die eine selbstständige Durchführung dieser Aufgaben ermöglicht. Manche Anbieter ermöglichen sogar die Umsatzsteuervoranmeldung darüber zu erledigen. Dies kann besonders wichtig sein, wenn eine Abgabepflicht besteht, etwa weil die oben beschriebene Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch genommen wurde.

Geschäftskonto eröffnen

Ein Geschäftskonto ist ähnlich wie ein privates Bankkonto, unterscheidet sich jedoch dadurch, dass es spezielle Funktionen für den geschäftlichen Zahlungsverkehr bietet und für die geschäftliche Nutzung zugelassen ist. Mit diesem können Ausgaben bezahlt und Einnahmen erhalten werden.

Theoretisch können Freiberufler auch ein privates Konto nutzen, jedoch sorgt ein separates Geschäftskonto für eine übersichtlichere Buchhaltung. Zudem verbieten viele Banken in ihren AGB die geschäftliche Nutzung eines privaten Kontos. Daher sollte im Vorfeld geklärt werden, ob die Bank einer gemischten Nutzung zustimmt. Im schlimmsten Fall könnte dies sonst zur Kündigung des Bankkontos führen.

Versicherungen abschließen

Vertretungsapotheker müssen sich eigenständig um ihre Versicherungen kümmern. Hier ist eine Übersicht der relevantesten Versicherungen.

Wichtig zu beachten: Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung müssen nur dann selbst abgeführt werden, wenn die freiberufliche Tätigkeit die Haupteinnahmequelle ist und nicht nur nebenberuflich ausgeübt wird.

Rentenversicherung

Bezüglich der Rentenversicherung muss die jeweilige Versorgungseinrichtung kontaktiert werden. Der Betrag wird dann entweder monatlich überwiesen oder über Lastschrift eingezogen. Die Höhe des Beitrags hängt von der Versorgungseinrichtung ab und orientiert sich oft am (zu erwartenden) Gewinn aus der Freiberuflichkeit sowie gegebenenfalls weiteren Einkommensquellen.

Krankenversicherung

Das Vorgehen unterscheidet sich hier, je nachdem ob man in einer gesetzlichen oder in einer privaten Krankenversicherung versichert ist.

Bei der privaten Krankenversicherung ist der monatliche Beitrag einkommensunabhängig. Daher muss im Grunde nur der Versicherung die Selbstständigkeit mitgeteilt werden. Die Beiträge werden dann direkt an diese bezahlt.

Bei der gesetzlichen Krankenversicherung hingegen ist der monatliche Beitrag abhängig vom Gewinn aus der Selbstständigkeit und gegebenenfalls anderen Einkünften. Entsprechend muss bei der jeweiligen Krankenkasse, ähnlich wie bei der Anmeldung beim Finanzamt, eine Prognose über den erwarteten Gewinn abgegeben werden. Anfangs wird der berechnete Beitrag bezahlt, bis der Steuerbescheid vom Finanzamt nach Einreichung der Steuererklärung vorliegt. Danach wird die Differenz zwischen dem zu zahlenden und dem bereits gezahlten Beitrag von der Krankenkasse erstattet oder an diese nachgezahlt.

Berufshaftpflicht

Im Gegensatz zu Arbeitnehmern ist bei Freiberuflern oft unklar, ob im Schadensfall die Berufshaftpflichtversicherung der Apotheke die Kosten übernimmt. Um auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt es sich, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung als Vertretungsapotheker abzuschließen.

Bei der Wahl des Anbieters sollte auf folgende Punkte Wert gelegt werden:

  • Höhe der Deckungssumme: Die Deckungssumme, auch Versicherungssumme genannt, ist der Betrag, bis zu dem die Versicherung maximal aufkommt. Im Schadensfall müsste alles darüber hinaus aus eigener Tasche bezahlt werden. Daher sollte die Deckungssumme aufgrund der potenziell schwerwiegenden Folgen für Patienten durch falsche Beratung oder falsche Medikamentenabgabe möglichst hoch sein. Empfehlenswert ist ein Mindestbetrag von 5.000.000 €.
  • Offene Berufsbilddeckung: Die Versicherung sollte speziell auf freiberufliche Vertretungsapotheker abgestimmt sein, damit alle hiermit verbundenen Tätigkeiten automatisch mitversichert sind.
  • Nachhaftung: Wenn die Tätigkeit als Vertretungsapotheker beendet und die Berufshaftpflichtversicherung gekündigt wird, aber später ein Schadensfall aus der zuvor ausgeübten Freiberuflichkeit aufgedeckt wird, haftet die Versicherung unter Umständen nicht mehr dafür. Daher ist in vielen Verträgen festgelegt, wie lange nach der Kündigung noch Versicherungsschutz für solche Fälle besteht. Um alle Eventualitäten abzudecken, sollte diese Nachhaftung idealerweise 30 Jahre oder unbegrenzt gelten.

Berufsunfähigkeits­versicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine optionale Möglichkeit, um sich bei Verdienstausfall durch Krankheit oder Unfall finanziell abzusichern. Sie greift in der Regel, wenn ein ärztlicher Befund zeigt, dass der Beruf – bzw. die freiberufliche Tätigkeit – in den nächsten sechs Monaten zu mindestens 50 % nicht ausgeübt werden kann. Dadurch können laufende Kosten wie Miete, Lebensmittel und sonstige Ausgaben weiterhin gedeckt werden.

Vertrag erstellen

Um eine Buchung verbindlich zu machen, die Bedingungen festzuhalten und potenzielle Probleme im Vorfeld zu vermeiden, empfiehlt es sich vor jeder Apothekenvertretung einen Vertrag zu erstellen und diesen unterzeichnen zu lassen.

Hierfür ist es sinnvoll, eine Vertragsvorlage bereitzuhalten, in die lediglich einige Daten wie Name und Adresse der Apotheke eingetragen werden müssen. Als Grundlage können Sie den Mustervertrag aus diesem Beitrag nutzen.

Vertretung ohne Vertrag – mit MyPhreelancer:
Neben der Vermittlung von Vertretungen und der Erstellung von Rechnungen ermöglicht MyPhreelancer die vertragslose Annahme von Apothekenvertretungen. Zudem erhalten Sie jederzeit Unterstützung bei offenen Fragen.

eHBA beantragen

Mit dem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) können sich Apothekerinnen und Apotheker in der Telematikinfrastruktur (TI) ausweisen, um unter anderem Änderungen im E-Rezept oder E-Medikationsplan vorzunehmen. Vertretungsapotheker sollten daher – falls noch nicht geschehen – ihren eHBA über ihre jeweilige Landesapothekerkammer beantragen, um diese Funktionen bei Bedarf nutzen zu können.

Fazit

Es ist nicht schwer, Vertretungsapotheker zu werden, solange die oben genannten Punkte umgesetzt werden. Wichtig ist jedoch, diese gewissenhaft abzuarbeiten, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Dann steht der freiberuflichen Tätigkeit auch nichts mehr im Weg.

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Organisation