3 Wege einen Personalengpass in der Apotheke zu überbrücken
Von Sinna Naghibi / 9. Dezember 2024

Die Lücke, die durch fehlendes Personal entsteht, zu schließen, ist nicht immer einfach. Wenn es mal nicht gelingt, kann die Hinzunahme einer externen Fachkraft eine Lösung sein. Doch welche Möglichkeiten gibt es hier? Quelle: iStock/ mohd izzuan
Inhalt
Gründe für kurzzeitigen Personalbedarf
Der Fachkräftemangel in Apotheken macht sich immer mehr bemerkbar. Überall werden händeringend PTA, PKA sowie Apothekerinnen und Apotheker gesucht. Grund hierfür ist, dass qualifiziertes Personal entweder schwer zu finden ist oder die Gehaltsforderungen potenzieller Kandidatinnen und Kandidaten zu hoch sind. Hinzu kommt der demografische Wandel, der dazu führt, dass immer mehr Apothekenfachkräfte in den Ruhestand gehen, was das Problem in Zukunft vermutlich noch verschärfen wird.
Die Suche nach Apothekenpersonal kann deshalb trotz der Beauftragung eines Recruiting-Dienstleisters und des Schaltens von Stellenanzeigen auf Jobbörsen oder den Stellenmärkten der Landesapothekerkammern mehrere Monate in Anspruch nehmen. Neben der Tatsache, dass die Personalakquise Zeit und Geld kostet, muss der Apothekenbetrieb in der Zwischenzeit trotz des Personalmangels aufrechterhalten werden.
Die Gefahr besteht jedoch, dass sich bei einem längeren Zeitraum ohne genügend Personal die derzeit angestellten Apothekerinnen und Apotheker sowie PTA und PKA durch das hohe Arbeitspensum zur Kündigung gezwungen sehen. Dadurch verschärft sich die Personalsituation und die Apotheke gerät in einen Teufelskreis.
Außerdem benötigen auch Inhaberinnen und Inhaber einer Apotheke von Zeit zu Zeit Entlastung – sei es, um das enorme Arbeitspensum außerhalb des HV zu bewältigen, Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen oder um einen klaren Kopf zu bekommen.
Wie kann also ein Personalengpass überbrückt werden? Hierfür gibt es drei Möglichkeiten: Apothekenvertretung, Anstellung über einen befristeten Arbeitsvertrag und Zeitarbeit. Doch wie funktionieren sie und inwiefern unterscheiden Sie sich?
Option 1: Apothekenvertretung
Apothekenvertretungen auf freiberuflicher Basis erfreuen sich mittlerweile großer Beliebtheit, insbesondere wenn es sich um Vertretungen durch Approbierte handelt. Egal ob Personal- oder Chefvertretung, spontane Krankheits- oder geplante Urlaubsvertretung – qualifizierte bzw. approbierte Freiberufler können hier Abhilfe schaffen. Aber wie läuft das Ganze ab? Das Vorgehen ist grob unterteilbar in drei Phasen:
1. Suche und Verhandlung:
Im Idealfall wird eine Vertretungsapothekerin oder ein Vertretungsapotheker (bzw. eine PKA- oder PTA-Vertretung) gebucht, die bzw. der schon mal eine Vertretung übernommen und dabei gute Arbeit geleistet hat. Ansonsten können Vertretungen angefragt werden, die einem empfohlen oder über Stellengesuche gefunden wurden. Sobald ein Vertreter für den gewünschten Zeitraum zur Verfügung steht, werden die Konditionen – wie Honorar (meist als Stundenhonorar), Aufgabenbereiche sowie mögliche Erstattungen für Unterkunfts- und Reisekosten – verhandelt.
Optional wird zusätzlich ein Vertrag aufgesetzt und von beiden Parteien unterzeichnet. Alternativ erstellt der Vertreter eine Buchungsbestätigung, die der Apotheke zugesendet wird. Im Anschluss sendet die Vertretung der Apotheke die Approbationsurkunde bzw. die Berufserlaubnis zu.
2. Vertretung
Je nach Erfahrung muss der Vertreter in Bereichen wie Kassensystem und Apothekenprozesse eingearbeitet werden, weshalb zu Beginn der Vertretung genügend Zeit eingeplant werden sollte. Damit alles reibungslos verläuft, lohnt es sich, im Vorfeld zu klären, mit welcher Apotheken-Software der Vertreter bereits gearbeitet hat und ob er über Kenntnisse in Gebieten wie beispielsweise Cannabis, Verblisterung oder Heimbelieferung verfügt, sofern diese erforderlich sind.
3. Rechnung und Zahlung
Im Anschluss an die Vertretung stellt der Vertreter eine Rechnung, die von der Apotheke beglichen wird. Bei einer längeren Vertretungsdauer von mehr als einem Monat kann gegebenenfalls auch eine Zwischenabrechnung zum Einsatz kommen.
Bei der Rechnung sollte auf beiden Seiten darauf geachtet werden, dass alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, da andernfalls der Vorsteuerabzug oder sogar die gesamte Betriebsausgabe für die Apotheke entfallen können. In vielen Fällen kann die Rechnung zwar nachträglich vom Vertreter korrigiert werden, doch dies ist sowohl für die Apotheke, die den Vertreter kontaktieren muss, als auch für den Vertreter, der die Korrektur vornehmen muss, mit zusätzlichem Stress verbunden.
Zu kompliziert?
Mithilfe einer professionellen Personalagentur wie MyPhreelancer, die ihren Fokus auf Apothekenvertretungen setzt, kann der gesamte Prozess – von der Vermittlung per automatisiertem Buchungssystem über das Anzeigen aller notwendigen Vertreterinfos bis hin zur Erstellung der Rechnung und Durchführung der Zahlung – für beide Seiten enorm vereinfacht werden. Weitere Informationen hierzu finden Sie im FAQ.
Der Vorteil einer Apothekenvertretung liegt darin, dass auf einen großen Pool an Vertretern zurückgegriffen werden kann, von denen einige sogar bundesweit verfügbar sind. Zudem sind die Vertreter flexibel buchbar und können daher spontan und unkompliziert aushelfen. Darüber hinaus sind die Konditionen frei verhandelbar.
Allerdings muss genau darauf geachtet werden, dass alle Aufgaben des Vertreters klar definiert sind, da dieser nicht weisungsgebunden ist. Außerdem muss beachtet werden, dass der sozialversicherungsrechtliche Status, insbesondere bei PKA- und PTA-Vertretungen, nicht immer eindeutig ist. So kann beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Scheinselbstständigkeit nachträglich festgestellt werden. Ob dies der Fall ist, hängt von der Art der Vertragsgestaltung sowie der praktischen Ausführung ab.
Um auf Nummer sicher zu gehen, kann im Vorfeld ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden, damit geklärt wird, ob es sich bei der Vertretung um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit handelt.
Grundsätzlich sind Apothekenvertretungen auf freiberuflicher Basis jedoch möglich wie das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.06.2020 (L 8 BA 6/18) gezeigt hat.
Vorteile
- Große Personalauswahl
- Flexibel einsetzbar
- Konditionen verhandelbar
Nachteile
- Sozialversicherungspflicht(?)
- Nicht weisungsgebunden
Option 2: Befristeter Arbeitsvertrag
Neben der freiberuflichen Apothekenvertretung gibt es auch die Möglichkeit, Apothekenpersonal mit einem befristeten Arbeitsvertrag einzustellen.
Im Gegensatz zur Apothekenvertretung kann hier auf PTA, PKA und Apotheker zurückgegriffen werden, ohne dass diese ihre Tätigkeit als Freiberufler anmelden müssen. Oft ist es jedoch sinnvoll, primär Freiberufler anzufragen, da sie aufgrund ihrer Flexibilität und ihrer Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Auftraggebern in der Regel offener für befristete Anstellungen sind.
Außerdem gilt hier im Gegensatz zur Apothekenvertretung das Arbeitsrecht. Begrenzung der Arbeitszeit pro Tag, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsentgelt und weitere Vorschriften sind hier einzuhalten. Insbesondere bei der Gehaltsverhandlung sollte dies im Hinterkopf behalten werden, um böse Überraschungen bei der Lohnabrechnung zu vermeiden.
Mittlerweile wird jedoch auf diese Methode seltener zurückgegriffen, da die bürokratischen Hürden für die Apotheke (Lohnbuchhaltung) und den Mitarbeiter (Ummeldung Kammer, Abmeldung gesetzliche Rentenversicherung, etc.) bei kurzweiligen Vertretungen zu kompliziert sind. Stattdessen wird zunehmend auf die bereits erwähnten Apothekenvertretungen zurückgegriffen.
Nichtsdestotrotz hat die befristete Anstellung auch heute noch ihre Daseinsberechtigung. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass im Gegensatz zur Apothekenvertretung die Problematik des unklaren Sozialversicherungsstatus entfällt. Zudem orientiert sich das Gehalt eher am Tarifvertrag bzw. am Arbeitsmarkt und ist gegebenenfalls unterm Strich günstiger als eine Vertretung. Außerdem ist der Mitarbeiter weisungsgebunden und damit verpflichtet, Aufgaben auf Anweisung zu übernehmen.
Vorteile
- Meist niedrige Kosten
Nachteile
- Bürokratischer Aufwand
- Lohnfortzahlung
Option 3: Zeitarbeit
Eine weitere Option sind Zeitarbeitsfirmen, die auf die Vermittlung von Apothekenpersonal spezialisiert sind. Der Buchungsablauf ähnelt dem der Apothekenvertretung, mit dem Unterschied, dass die Kontaktaufnahme nicht direkt, sondern über eine Firma erfolgt, welche ihre Apothekenfachkräfte an Apotheken „verleiht“. Das Zeitarbeitsunternehmen stellt der Apotheke für einen bestimmten Zeitraum oder auf unbestimmte Zeit eine qualifizierte Apothekenfachkraft zur Verfügung. Während der Nutzung des Apothekenpersonals überweist die Apotheke das Geld im vertraglich vereinbarten Zyklus an die Zeitarbeitsfirma.
Da das vermittelte Personal in der Firma fest angestellt ist, entfällt zudem die Sorge um etwaige Nachforderungen hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge. Außerdem ist die entliehene Apothekenfachkraft der Apothekeninhaberin bzw. dem Apothekeninhaber weisungsgebunden, während gleichzeitig nur die Arbeitsstunden der Fachkraft bezahlt werden, die auch tatsächlich erbracht wurden. Lohnfortzahlungen durch Krankheit des Zeitarbeiters werden nicht von der Apotheke getragen.
Entsprechend ist jedoch der Preis für eine approbierte Fachkraft bzw. für eine PTA oder PKA deutlich höher. Ein weiteres Problem bei Zeitarbeitsfirmen ist, dass die Verfügbarkeit ihres Apothekenpersonals teilweise auf bestimmte Regionen eingeschränkt wird und die Menge an verfügbarem Personal begrenzt ist.
Vorteile
- Leicht buchbar
Nachteile
- Beschränkte Verfügbarkeit von Personal
- Oft hoher Preis
Vergleich
Alle oben genannten Möglichkeiten haben jeweils ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen. Während Apothekenvertretungen leichter zu finden sind, simpel gebucht werden können und nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden erstattet werden, bieten befristete Arbeitsverhältnisse und Zeitarbeit einen klaren sozialversicherungsrechtlichen Status und Weisungsgebundenheit. Letztere unterscheiden sich dabei im Buchungsaufwand und Preis.
Apothekenvertretung
- Hohe Personalverfügbarkeit
- Individueller Preis
- Niedriger Buchungsaufwand
- Keine Lohnfortzahlung
- (Unter Umständen) keine Sozialversicherungspflicht
- Nicht weisungsgebunden
Befristeter Arbeitsvertrag
- Mittlere Personalverfügbarkeit
- Individueller Preis (Gehalt)
- Hoher „Buchungsaufwand“
- Lohnfortzahlung
- Sozialversicherungspflicht
- Weisungsgebunden
Zeitarbeit
- Geringe Personalverfügbarkeit
- Meist hoher Preis
- Niedriger Buchungsaufwand
- Keine Lohnfortzahlung
- Keine Sozialversicherungspflicht
- Weisungsgebunden
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, den Personalmangel in der Apotheke zumindest übergangsweise zu bekämpfen.
Oft werden hierfür Apothekenvertretungen genutzt, da diese flexibel und leicht buchbar sind. Wer dennoch auf die Vorzüge eines freien Mitarbeiters verzichten kann und eventuelle Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen – insbesondere bei länger andauernden Vertretungen durch PTA und PKA – gänzlich verhindern möchte, sollte am besten einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen oder eine Fachkraft über eine Zeitarbeitsfirma organisieren.